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SEIT JAHRHUNDERTEN ist die Produktivität eines Betriebes, eines Landes die Triebfeder für unseren Wohlstand. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts legte „das Ge- schaffene“ noch um jährlich sechs Prozent zu, in den 70er Jahren waren es vier und zu Beginn des neuen Jahrtausends nur noch zwei Prozent (Q.SPIEGEL 12/2018).
Und heute? Magere ein Prozent Steigerung! Der Fortschritt ist eine Schnecke – und das trotz In- ternet und Digitalisierung. Wie kann das sein? Ökonomen haben zunehmend Zweifel, ob das Produktivitätswachstum wie in der Vergangenheit überhaupt noch weitergehen kann. Nicht so un- recht haben sie, folgt man den Ausführungen von Dr. Jens Puttfarcken, Porsche Deutschland, bei seinen Ausführungen hinsichtlich „E-Inno- vationen und Mobilität“ anlässlich der PCD-HV (s. Seite 18ff). Industrieunternehmen in vielen Bereichen analysieren, dass die eigene Produk- tion – also das mit Hand und Maschinen ge- schaffene Produkt – sinkt, dafür aber der Trend in Richtung Dienstleistungsgesellschaft steigt. Schon heute macht dieser Sektor fast zwei Drittel der Wertschöpfung aus.
„Was nix kostet, ist nix wert“ folgt der Logik: „Was ich kostenlos aus dem Netz „ziehen“ kann, lässt das BIP (Bruttosozialprodukt) nicht steigen. Mr. Google und Wikipedia sind dafür der beste Beweis, denn wer kauft sich heute noch eine neue 20-bändige Ausgabe Meyers Lexikon für zigtausend Euro.
Frage: Woran erkennt man Pioniere? Antwort: An den Pfeilen im Rücken. Hahaha, aber das sind Sprüche aus unserer Jugendzeit. Wir hatten eine Idee, haben diese umgesetzt und damit Arbeitsplätze (Mehrwert, BIP) geschaffen und... (wer kennt den zur damaligen Zeit genau richtig platzierten Song nicht) ... das Bruttosozialpro- dukt gesteigert. Heute genügt ein blödes, aber witziges Instagram-Video, um quasi über Nacht Millionärin zu werden. (Hier verwende ich die feminine Anrede, weil‘s anscheinend die Frauen sind, die ein besonders geschicktes Händchen für so viele eigentlich völlig unnötige, aber witzige, lustige und damit geldbringende Clips haben). Das geht einher mit dem eigentlichen Wider- spruch zum Thema „Werte schaffen“, wenn wir
EDITORIAL
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über „unseren“ Wohlstand sprechen. „Uns“ be- deutet auch, etwas in die Gesellschaft einbringen (z.B. Rente, Gesundheit, Arbeitsplätze u.a.). „Wir haben offensichtlich die Weisheit unserer Vor- fahren verloren, die sich immer auch fragten: Wie wird meine Entscheidung die nächste Generation treffen? Heute fragen wir uns doch nur noch: Wie betrifft es mich?“*
AUSNAHMEN BESTÄTIGEN DIE REGEL. Und weil wir, der PCD, nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, son- dern als Verein e.V. (lediglich) die Interessen sei- ner Clubmitglieder bündeln und nach außen hin immerhin 99 regionale Porsche Clubs vertreten, kommt ihm und seinem Vorstand auch eine ganz andere Bedeutung zu.
Vorab gilt jedoch: Wenn es darum geht, das BIP zu steigern, dann darf sich Staat und Gesell- schaft auf uns, mit uns freuen. Fast schon nor- mal ist es, dass Clubmitglieder nicht nur einen, sondern oft (zurückhaltend ausgedrückt) meh- rere Porsche in ihren Garagen stehen haben. Wir steigern die Produktivität – in diesem Falle beim Unternehmen Porsche (Gewinnsteigerung im letzten Jahr auf +18 Prozent) –, indem wir die Autos erwerben und uns „Rent a Porsche“ im Wesentlichen zwar vorstellen können, aber eigentlich doch lieber unseren eigenen individu- ellen Porsche haben. Wir fahren damit zu und auf den Rennstrecken und übers Land; es ist unser Arbeitsgerät. Wenn wir damit unterwegs sind, schaffen wir Mehrwert, indem wir bei den Hoteliers Zimmerkontingente für unsere Club- ausfahrten (HotelTipps ab Seite 70 ff) reservie- ren und uns am guten Essen und dem Drink an der Bar erfreuen. Mit den damit verbundenen Aktivitäten rundherum tragen wir zur Steigerung des BIPs und einer Wertschöpfung bei. Oh ja, man kann auch gut mit und vom Umsatz/Gewinn eines Porsche-Werkstattbesuches leben.
JEDE GENERATION hatte ihre „Um- wälzprobleme“. Jetzt, nachdem schon fast ein Fünftel unseres Jahrtausends verstrichen ist, scheinen die gesellschaftlichen und daraus fol- genden wirtschaftlichen Veränderungen noch grundlegender zu sein. Der Schritt von der Pro- duktions- zur Dienstleistungs- und Informations- gesellschaft ist ungefähr so von Bedeutung wie
von der Petroleumlampe zum LED-Licht mit all seinen Folgeerscheinungen. Im Klartext bedeutet das für uns noch mehr „Gequassel“, noch mehr Apps auf dem Smartphone (und irgendwann auch viel zu viele) im Auto; auf jeden Fall noch mehr Regulierung. Das Gespenst DSGVO** geht um und wird am 25. Mai 2018 00:00 Uhr als EU-Gesetz in Kraft treten und uns, die wir alle mit personenbezogenen Daten umgehen, eben- falls empfindlich „treten“.
Das war dann auch das bestimmende Thema bei der alljährlichen PCD-Tagung und PCD-Haupt- versammlung im Mövenpick Airporthotel, Stutt- gart. Ordnungsgemäß hatte der PCD Vorstand eingeladen, gekommen sind 78 Vertreter von insgesamt 99 regionalen Porsche Clubs. Wie im- mer sehr gut angenommen wurden die parallel laufenden Seminare. Besonders viel „Volt“ – nicht Sprengstoff - hatten die Porsche-Vorträge „E-Mobility“ und der 30minütige Vortrag von Dr. Jens Puttfarcken zum Thema „Tradition und Innovation“. Tagesaktuell wurden die Teilnehmer von MICHELIN informiert. Wenn das kein Hype wird: Reifendruck von den vier Rädern, die per GPS an die Boxengasse gemeldet werden... (s. Seite 18).
PCD NEUWAHLEN: Blickt man zurück auf die letzten beiden Jahre, dann konnte es nur eine richtige Entscheidung geben: PCD-Präsident Fritz Letters und sein Vorstandskollege Michael Haas standen turnusgemäß zur Wahl an – keine Frage: mit überwältigender Mehrheit und weit über 90 Prozent wurden beide in ihren Ämtern bestätigt. Da kann man nur sagen: Gut, dass sie sich wieder zur Wahl gestellt haben.
EDITORIAL
In diesem Sinne
Frank J. Gindler
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TITELBILD Tim Upietz *Eckartv.HirschhausenimGesprächmitVerhaltensforscherinJaneGoodall „Jane“Gesundleben,STERN ** Datenschutz-Grundverordnung
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