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FINEST ON TOUR I PATAGONIEN I 04 / 2015
Nationalpark Los Glaciares
Markus und ich sind, ungerührt vom nächtlichen Latino-Konzert (s. PCLife Herbst 3-2015) schon am frühen Morgen mit unserem SUV von El Calafate aus unterwegs. Wir hatten uns vorgenommen, möglichst früh im circa 80 Kilometer entfern- ten Nationalpark „Parque National Los Glaci- ares“ das „Kalben“ des Gletschers zu sehen und wollten „die Stille“ sichtbar machenWir hatten uns vorgenommen, möglichst früh im circa 80 Kilometer entfernten Nationalpark Parque National Los Glaciares das „Kalben“ des Gletschers zu sehen und wollten „die Stil- le“ sichtbar machen. Auf unserer Fahrt – der erste Fotostopp am Lago Argentina.
vorbeifährt, hupt und gedenkt so dem „kleinen Gauchito Gil“. Und so hoffen wir alle auf eine unfallfreie Weiterfahrt auf allen Straßen.
Erderwärmung?
Der Perito Moreno Gletscher wächst Kaum jemand weiß, dass das blaue Wunder Argentiniens, der Perito Moreno Gletscher (der bis 1899 Bismarck-Gletscher hieß, weil er von einem deutschen Geologen entdeckt wurde) einer der wenigen Gletscher außerhalb der Antarktis und Grönlands ist, der noch kontinu- ierlich wächst.
Der Gletscher, der den Lago Argentino speist, ist heute Teil des als UNESCO-Weltnaturerbe
Eismassen dem Druck des Wassers nicht mehr standhalten können, kommt es zum Damm- bruch der Eismauer, die dann letztendlich mit großem ohrenbetäubenden Getöse einstürzt.
14. März 2004 Dammbruch Perito Moreno Gletscher
Zuletzt wäre dieses beeindruckende Phäno- men im März 2012 (also nur acht Jahre später) wieder zu sehen gewesen. Doch da es um 3:30 Uhr in der Nacht geschah, blieb dieses ein- drucksvolle Naturschauspiel weitgehend unbeobachtet. Zur großen Enttäuschung von tausenden Touristen, die in den Tagen zuvor aus aller Welt angereist waren.
Ernüchternd und weit weg von „die Stille hören“ sind die laut trampelnden und quas- selnden Touristen auf den „pasarelas” (Lauf- stegen) zwischen den diversen „miradores” (Aussichtsplattformen).
Leider ist dadurch die Einmaligkeit des Schau- ens und des Innehaltens getrübt.
Trotz der vielen Fotostopps haben wir Glück mit unserer frühen Anfahrt und können zumindest für ein Viertelstündchen „die Stille hören“ und in uns aufnehmen.
Peng macht es wieder, ein lauter Knall, ähnlich einem Gewehrschuss, übertönt es alles rund- herum. Bevor uns jedoch die Schallwellen des „kalbenden“ Gletschers erreichen, sind auch schon Tonnen von Eismassen in den See gerutscht/gefallen.
Früher, in den Anfängen der 1980er Jahre, gab es hier noch keine Aussichtsplattformen und Absperrungen. Bis auf ein paar Meter ober- halb des Wasserstandes konnte man sich auf eigene Gefahr hin, positionieren. Und wer nicht aufpasste, bekam durch die Flutwellen der herabstürzenden Eismassen mehr als nur nasse Füße. Auch die Passagierboote halten sicherheitsbedingt einige hunderte Meter Abstand von den Gletscherwänden. Man weiß ja nie... Letztendlich helfen nur ein gutes Auge, viel Geduld und ein Superzoom-Objek- tiv für den perfekten Foto-Schuss, um die gewaltige Eiswand, das „Kalben“ als unwie- derbringliches Ereignis auf sich wirken lassen zu können. >>>
Der türkisfarbene See ist mit 1.415 km2 etwa dreimal so groß wie der Bodensee und teil- weise 500 m tief. Seine Küstenlänge beträgt 640 Kilometer und wird von den umliegen- den Gletschern gespeist.
Einer seiner „Ursprünge“ ist direkt am Glet- scher Perito Moreno.
Frühmorgens müssen wir etliche Busse und Rotel-Busse (sehen aus wie Viehtransporter, sind aber für Touristen bestimmt und bieten u.a. Fensterluken mit Gardinen) überholen, die alle das gleiche Ziel haben wie wir. Trotzdem nehmen wir uns die Zeit, eine der unzähligen Verehrungsstätten für den „Gauchito Gil“ etwas näher zu betrachten. Es sind diese kleinen, roten „Altare“ am Wegesrand, die mit allem möglichen „Krimskrams“ wie Wasserflaschen, Feuerzeugen und Glimmstängeln u.a.) gefüllt sind. Wir sehen darin eher einen Abfalleimer als einen „Altar“. Der „Robin Hood“ der Argentinier (um 1840) ist der Patron für Auto-, Bus- und LKW-Fahrer. Jeder, der an einem dieser Altare
eingestuften Nationalparks und neben dem
Upsala-Gletscher der größte in Patagonien.
(Anm. d. Red.: Die meisten Besucher gehen, wenn sie die Bilder betrachten, davon aus, dass sich der Gletscher zurückgezogen hat und es deshalb keine Verbindung mehr zur bewaldeten Halbinsel Magellan gibt – doch es ist genau umgekehrt!).
Der etwa 30 Kilometer lange Gletscher hat eine circa fünf Kilometer breite und (ab der Wasseroberfläche gemessen) fast 80 Meter hohe Gletscherzunge, die weit in den Lago Argentino hinein reicht. Alle paar Jahre schiebt sich das Eis des wachsenden Gletschers bis zu zwei Meter am Tag zur gegenüberliegenden Halbinsel Magellan, auf der auch die begeh- baren Stege montiert sind. Dadurch wird ein Nebenarm des Sees, der Brazo Rico, regelrecht abgetrennt. So entsteht innerhalb von circa zehn Jahren ein Staudamm aus Eis. Das führt zu einem Pegelunterschied von bis zu 30 Metern. Wenn dann der Wasserspiegel des Brazo Rico so stark gestiegen ist, dass die
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Opfergaben für den kleinen „Gauchito Gil”


































































































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